27. Sept. 2019 – Amritapuri
Auszüge aus Ammas Botschaft bei den Feierlichkeiten zu ihrem 66. Geburtstag
Kinder, wenn Amma euch hier heute in Liebe vereint versammelt sieht, fühlt es sich für sie an, als betrachtete sie eine Girlande aus vielen schönen Blumen unterschiedlichster Farben. Obwohl dies eine Zeit des Feierns ist, fühlt Amma eine Menge Schmerz, wenn sie an die leidenden Menschen in vielen Teilen der Welt denkt, die von Kriegen, Naturkatastrophen, Ausschreitungen und Gewalt heimgesucht werden. Extremes Wetter mit übermäßiger Sommerhitze und unablässigen Regenfällen, Naturkatastrophen und Epidemien haben Kerala und anderen Bundesstaaten Indiens hart zugesetzt.
Menschen sind wie ein Kind, das den Himmel durch sein Fenster betrachtet und sagt: „Das ist mein Himmel.“ Wir reduzieren die Natur und das Leben im Allgemeinen auf etwas Unbedeutendes. Wenn wir das Leben wirklich verstehen könnten, würden wir seine Großartigkeit schätzen und sehen, wie klein und unbedeutend wir im Vergleich sind.
Die Natur ist unsere Mutter
Die Natur ist unsere Mutter. Wir nennen sie „Mutter Natur“. Die Fischersleute, deren Lebensunterhalt vom Meer abhängt, betrachten das Meer als ihre Mutter. Für die Waldbewohner ist der Wald „ihre Mutter“. Für die Menschen in den Bergen sind die Berge und umgebenden Gebiete „ihre Mutter“. Nicht nur die Menschen, sondern alle Lebewesen, werden von der Natur ernährt und großgezogen. Wenn wir wirklich darüber nachdenken, sehen wir, dass unsere Existenz stets von der Natur abhängt – sogar schon bevor unser Leben als Gedanke im Geist unserer Eltern geplant wurde, sogar schon wenn wird als Embryo im Mutterleib geboren werden und sogar noch nach unserem physischen Tod. Daher ist die Natur unsere Mutter und unser Vater. Sie ist alles. Wir sind die Kinder dieser verehrten Mutter Natur. Sie hat stets nur Liebe und Mitgefühl für uns. Im Gegenzug trampeln wir nur überall auf ihr herum und treten ihr in die Brust. Jetzt ist diese liebevolle Mutter krank geworden und erschöpft.
Vier Epidemien
In der Gesellschaft sehen wir vier Dinge, die sich wie Epidemien verbreiten:
- Reichtum wird wichtiger als moralische Werte.
- Schönheit wird wichtiger als Tugend.
- Geschwindigkeit wird wichtiger als die eingeschlagene Richtung.
- Maschinen werden wichtiger als Menschen.
Wenn wir den moralischen Werten nicht mehr den Platz einräumen, der ihnen zusteht, wird unser Leben verfaulen wie ein Stück Holz, das von Termiten befallen ist. Uns wird der Mut fehlen, die Probleme des Lebens zu konfrontieren. Aus diesem Grunde betrachteten die alten Rishis das Dharma-bodham — das Gewahrsein dessen, was wir tun sollten und was wir nicht tun sollten — als Sache von höchster Wichtigkeit. Es ist unverzichtbar, dass wir dieses Gewahrsein haben, um sicherzustellen, dass alle unsere zwischenmenschlichen Handlungen für andere Menschen genauso vorteilhaft sind wie für uns selbst.
Gewahrsein des Dharmas
Eltern müssen ab einem sehr jungen Alter ein Gewahrsein des Dharmas in ihren Kindern kultivieren. Heutzutage geben viele Eltern ihrem Kind einfach ein Smartphone in die Hand, sobald es zu quengeln anfängt. Dies kann einen Wutanfall des Kindes vielleicht vorübergehend aufhalten. Wenn die Eltern aber keine spirituellen Werte im Kind kultivieren, verbringt es möglicherweise den Rest seines Lebens in Tränen der Unzufriedenheit. Es sind die spirituellen Werte, die unseren Kindern die Stärke geben, alle ihre Kümmernisse und Mühsalen im Leben zu konfrontieren und zu überwinden.
Missverständnisse, unangebrachte Ideen und unüberlegte Handlungen, die auftreten, wenn Menschen falsche Prioritäten setzen, haben Erde und Umwelt in den Zustand gebracht, in dem sie sich heute befinden. Überraschend ist dabei, dass trotz all der Mühsale, die wir durchgemacht haben, immer noch keine Änderung in unserer Perspektive oder unserem Verhalten eingetreten ist.
Wir alle brauchen Nahrung, aber die meisten Menschen sind zu faul, ihr eigenes Getreide und Gemüse anzubauen. Wir alle brauchen Wasser, aber wir bemühen uns nicht, sparsam mit Wasser umzugehen oder Regenwasser aufzufangen. Wir alle wissen, wie wichtig der Sauerstoff für uns ist, aber wir sind zu faul, mehr Bäume zu pflanzen. Wir alle wollen geliebt werden, vergessen aber, unseren Lieben unsere Zeit und Aufmerksamkeit zu schenken. Wir wollen Frieden, sind aber nicht bereit, uns davon zu befreien, Fehler in anderen zu finden.
Das Selbst — unser wahres Wesen
Dieses Universum fließt immer weiter. Es folgt seinem eigenen Rhythmus, seiner eigenen Harmonie und Melodie. Daher müssen Menschen den Weg ihres Lebens in Übereinstimmung mit der Melodie und dem Rhythmus der Natur finden. Wenn wir dies nicht machen, wird unser Leben automatisch zu einem Kampf. Wenn wir nur Sinnesfreuden hinterherjagen, sind wir nicht mehr in der Lage, uns in Einklang mit unserem inneren Selbst zu bringen. Der menschliche Körper ist nur ein einziger Aspekt unserer Existenz. Die höchste Wahrheit des Lebens ist das Selbst — unser wahres Wesen. Sein Wohnort ist in uns. Um dies zu erkennen, müssen wir eine spirituelle Perspektive entwickeln, spirituelle Übungen verrichten und Gutes tun.
Aufgrund unserer vorgefassten Ansichten sehen wir unsere Lebensumstände nicht als das, was sie wirklich sind. Wir verstehen die tatsächlichen wahren Motive der Menschen nicht, mit denen wir uns abgeben. Im Ergebnis sind wir nicht in der Lage, den gegenwärtigen Augenblick vollständig zu genießen. Wenn wir einen offenen Geist entwickeln, der jeden Menschen und alle Umstände so annimmt, wie sie sind, dann beginnen wir, die Süße des Lebens wahrhaftig zu erfahren.
„Reifer“ werden ist ein innerer Prozess
Es gibt zwei Arten, auf die wir anders werden können: Älter werden und reifer werden. Alt werden passiert von allein, ohne Anstrengung. Menschen, Tiere und alle Lebewesen werden einfach älter. Reifer werden ist jedoch alleine den Menschen vorbehalten. Älter werden ist eine Reise zum Tod. Reifer werden und an spiritueller Reife gewinnen, ist eine Reise zur Unsterblichkeit. Es ist ein innerer Prozess. Spirituelles Wissen beleuchtet den Weg auf dieser Reise.
Das Gesetz der Natur ist die Selbstlosigkeit
Je mehr Raum wir für andere in unserem Herzen schaffen, desto mehr Glück erfahren wir. Je mehr unser Ego wächst, desto weniger Glück erfahren wir. Das Gesetz der Natur und des Lebens ist die Selbstlosigkeit. Aus diesem Grund können Menschen, die keine Kontrolle über ihr Ego und ihren Eigennutz haben, ihr Leben nicht von ganzem Herzen genießen: Sie versuchen, gegen das Gesetz der Natur zu leben.
Feierlichkeiten sind eine Gelegenheit, zu erwachen und Werte zu vermitteln
Wir brauchen keine Feiern, bei denen wir unsere Kultur missachten, sondern Feierlichkeiten, die sie kultivieren. Jede Feierlichkeit sollte zu einer Gelegenheit werden, zu erwachen und der Gesellschaft Werte zu vermitteln. Bei dieser Gelegenheit würde Amma ihren Kindern aus Kerala gerne ein paar Dinge mitteilen. Wie viel Alkohol wurde beim letzten Onam-Fest von der Malayalam sprechenden Bevölkerung getrunken? Statistiken zeigen, dass in nur drei oder vier Tagen Alkohol im Wert von ungefähr 5 Mrd. Rupien konsumiert wurde. Es gibt so viele Menschen in Kerala, die obdachlos sind. Wäre dieses Geld für den Häuserbau verwendet worden, könnten wir mehr als 10.000 Menschen ein Dach über dem Kopf geben.
Mögen die Augen meiner Kinder sanft vor Mitgefühl werden. Mögen sich eure Köpfe neigen vor Demut. Mögen eure Hände stets im selbstlosen Dienst tätig sein. Mögen eure Ohren stets bereit sein, den Kümmernissen der Leidenden zuzuhören. Mögen eure Zungen Worte der Wahrheit und Güte sprechen. Mögen eure Füße stets auf dem Weg des Dharma wandeln. Mögen die Leben meiner Kinder auf diese Weise zu einem Segen für die Welt werden. Amma bringt dieses Gebet dem Paramatman dar.