Wir veröffentlichen hier die deutsche Übersetzung eines Beitrags von Amma, der im Februar 2018 im Online-Magazin „Thrive Global“ von Arianna Huffington erschienen ist.
Ammas Rat für Paare
Es kommen viele Paare zu mir. Sie kommen aus verschiedenen Ländern und sozialen Verhältnissen, sprechen verschiedene Sprachen, sind unterschiedlich alt und haben unterschiedliche Persönlichkeiten. Sie kommen aus verschiedenen Kulturen, Religionen und Glaubensrichtungen. Ungeachtet all dessen gibt es eine Gemeinsamkeit: Die meisten dieser Beziehungen sind voller Probleme.
Tatsächlich beginnen viele dieser Probleme wegen geringfügiger Vorfälle. Normalerweise hätte das Problem vermieden werden können, wenn entweder die Frau oder der Mann ein wenig Geduld und Vergebungsbereitschaft aufgebracht hätten. Paare brauchen Bewusstheit. Ohne Bewusstheit können Streitigkeiten einfallen wie unerwartete Gäste und die Partner für immer trennen, noch bevor sie ausgefochten sind.
„Wenn zwei Lippen zusammenkommen, geben sie einen Ton von sich. Obschon wir über zwei Augen verfügen, haben wir ein Sichtfeld. Auch wenn es zwei Leuchten gibt, ist das Licht eins. In ähnlicher Weise sollten Ehemann und Ehefrau wie ein Mensch leben, obwohl sie zwei sind.“ – Amma
Paare müssen lernen, die Gefühle des anderen zu respektieren und einander mit Liebe und Fürsorge zuzuhören. Dein Partner sollte deine Liebe, deinen Respekt und deine Bewunderung fühlen können – als eine offene Akzeptanz ohne Vorbehalte.
Auch dann werden zwangsläufig noch Konflikte auftreten. Missverständnisse und Meinungsverschiedenheiten treten auf. Aber anschließend solltest Du in der Lage sein zu sagen: „Es tut mir leid. Bitte vergib mir. Ich habe es nicht so gemeint.“ Oder: „Ich liebe dich und du liegst mir zutiefst am Herzen – denke niemals, dass es anders wäre. Es tut mir leid. Ich hätte das nicht sagen sollen. Ich habe die Beherrschung und mein Urteilsvermögen verloren.“ Solche besänftigenden Worte helfen, verletzte Gefühle zu heilen. Sie lassen uns auch unsere Liebe stärker fühlen, sogar nach einer heftigen Auseinandersetzung.
Um zu verhindern, dass aus Diskussionen Streitigkeiten werden, solltest du versuchen, die Sichtweise deines Partners zu verstehen, anstatt dich darauf zu konzentrieren, deinen Standpunkt zu verdeutlichen. Wenn dein Ehepartner spricht, solltest du mit ganzem Herzen zuhören und ihm oder ihr deine ganze Aufmerksamkeit widmen.
Ein Kind sprach zu seiner Mutter, während sie geschäftig arbeitete. Während das Kind sprach, sagte die Mutter immer wieder: „Mhm, aha, ja, aha, mhm, aha“, war jedoch vollständig auf ihre Arbeit konzentriert. Nach einer Weile beschwerte sich das Kind: „Mama, du hörst mir überhaupt nicht zu!“ Die Mutter sagte liebevoll: „Mein Schatz, natürlich höre ich dir zu.“ Das Kind schüttelte heftig mit dem Kopf und sagte: „Nein, tust du nicht. Du hörst nur mit deinen Ohren zu. Du hörst nicht mit deinen Augen zu.“
„Wenn Herzen auseinanderdriften, wird aus dem Sprechen ein Schreien. Wenn Herzen zusammenwachsen, wird das Sprechen wie ein Mantra. Wenn die Herzen eins werden, hört das Sprechen ganz auf.“ – Amma
Partner müssen mit Augen und Herz zuhören. Was ist sonst der Unterschied zwischen einem Sprechen von Angesicht zu Angesicht, über das Telefon oder dem bloßen Lauschen auf eine Aufzeichnung? Bei der hohen Geschwindigkeit des modernen Lebens vergessen wir häufig diese kleinen, einfachen Dinge. Dadurch fügen wir unseren Liebsten viele Schmerzen zu. Ein bloßer Blick – es ist etwas so Einfaches, aber er kann einen so großen Unterschied bewirken.
So wie wir mit Bewusstheit zuhören müssen, müssen wir auch mit Bewusstheit sprechen. Wenn wir Worte richtig einsetzen, können sie ein goldener Schlüssel sein, der jedes Herz öffnet. Wenn wir Worte jedoch unüberlegt wählen, können sie ein Herz für immer verschließen. Wenn Herzen auseinanderdriften, wird aus dem Sprechen ein Schreien. Wenn Herzen zusammenwachsen, wird das Sprechen wie ein Mantra. Wenn die Herzen eins werden, hört das Sprechen ganz auf.
Wenn zwei Menschen eine Beziehung eingehen, ist es für beide wichtig, sich daran zu erinnern, dass keiner von ihnen beiden ein Heiliger ist – keiner ist erleuchtet. In Wahrheit fühlen sich beide unvollständig und suchen im anderen nach der Vollständigkeit. Daher heiraten sie, um die Liebe des anderen zu bekommen. Es ist nichts falsch dabei, aber gleichzeitig sollten beide verstehen, dass sie in Bezug auf die Liebe beide wie Bettler sind. Wir müssen die Dinge im richtigen Licht sehen. Sieh eine Katze wie eine Katze und einen Hund wie einen Hund. Erwarte nicht, dass ein Elefant ein Frosch ist oder ein Frosch ein Elefant. Wenn ihr die Natur eurer Beziehung und die Bedürfnisse eures Partners versteht, solltet ihr stets versuchen, eure Liebe durch eure Worte und Handlungen zum Ausdruck zu bringen. Wenn die Liebe in unserem Inneren verschlossen bleibt, nutzt sie niemandem. Erinnert euch darüber hinaus, dass der einfachste Weg, Liebe zu erhalten, darin besteht, sie zu geben. Beziehungen, in denen beide Opfer bringen, sind die schönsten und erhebendsten.
Es gibt eine Geschichte über ein armes Paar. Die Ehefrau hatte lange, schöne Haare. Eines Tages sagte sie zu ihrem Ehemann: „Wenn ich nur einen Kamm hätte.“
Als er diesen einfachen Wunsch seiner Frau vernahm, war der Mann traurig. Sie bat ihn selten um etwas. Er zeigte ihr seine alte Uhr und sagte: „Dieses Armband ist so verschlissen, dass es jederzeit reißen kann. Wir haben so wenig Geld, dass ich es mir nicht einmal leisten kann, es zu ersetzen.“ Als sie die Hilflosigkeit in der Stimme ihres Mannes hörte, verfiel die Frau in Schweigen.
Auf seinem Weg zur Arbeit kam der Mann an einem Uhrenreparaturgeschäft vorbei. Er ging hinein und verkaufte seine Uhr für einen geringen Betrag. Mit diesem Geld kaufte er seiner Frau einen hübschen Kamm.
Als der Mann an jenem Abend nach Hause kam, rief er aufgeregt nach seiner Frau, um ihr sein Geschenk zu überreichen, aber als er sie sah, bekam er den Schreck seines Lebens. Sie stand mit kurzem Haar vor ihm und hielt ein brandneues Uhrenarmband in ihren Händen, das sie mit einem aufgeregten Blick zu ihm hinhielt. Sie hatte ihr Haar abgeschnitten und an einen Perückenmacher verkauft. Mit diesem Geld hatte sie das neue Uhrenarmband gekauft. Sie schauten sich an und Tränen stiegen ihnen in ihre Augen. Die Tränen waren nicht wegen ihrer vergeblichen Bemühungen, sondern weil sie an die Größe der Liebe erinnert wurden, die sie füreinander hatten – die Liebe, durch die sie das Herz des anderen kannten.
Wenn eine Person eine andere mit Erwartungen liebt, können wir das Liebe nennen. Wenn zwei Menschen einander mit derselben Intensität lieben, ist dies eine höhere Form der Liebe. Jeden und alles ohne alle Erwartungen zu lieben, ist jedoch die höchste Form der Liebe. Diese Liebe tritt nur auf, wenn wir jeden als unser eigenes wahres Selbst sehen können.
„Je kleiner unser Ego und je geringer unsere Eigennützigkeit, desto reiner ist unsere Liebe. Wir sollten die Sprossen der Leiter der Liebe allmählich erklimmen, um diesen Gipfel zu erreichen: Die göttliche Liebe.“ - Amma
Wahre Erfüllung im Leben kommt aus der Erkenntnis, dass unser Ego – unsere Idee, als Person nur individuell und vom Rest der Schöpfung getrennt zu existieren – eine völlige Fehlvorstellung ist. Erst wenn wir diese Wahrheit verstehen und darin leben können, schreiten wir über alle Eigennützigkeit und allen Stolz hinaus und haben ein Herz, dass voller Liebe für alle Lebewesen ist. Unterhalb dieser höchsten Liebe gibt es viele Abstufungen. Bei der Liebe, die die meisten Menschen als „Liebe“ kennen, handelt es sich tatsächlich um die unterste Sprosse der Leiter. Je kleiner unser Ego und je geringer unsere Eigennützigkeit, desto reiner ist unsere Liebe. Wir sollten die Sprossen der Leiter der Liebe allmählich erklimmen, um diesen Gipfel zu erreichen: Die göttliche Liebe.
In der ganzen Welt hören wir normalerweise den Satz „ich liebe dich“. Hier gibt es zwei Personen – „ich“ und „du“. Diese Unterscheidung sollte aufhören. Statt „ich liebe dich“ sollte die Bewusstheit von „ich bin Liebe – die Verkörperung von Liebe“ auftreten. In dieser Liebe gibt es nur „eins“ – nur Gott. Indem wir fest in dieser Einheit stehen, sollten wir jeden und alles lieben. Das ist Spiritualität.
Wenn zwei Lippen zusammenkommen, geben sie einen Ton von sich. Obschon wir über zwei Augen verfügen, haben wir ein Sichtfeld. Auch wenn es zwei Leuchten gibt, ist das Licht eins. In ähnlicher Weise sollten Ehemann und Ehefrau wie ein Mensch leben, obwohl sie zwei sind. Die Einheit der Herzen ist die Schönheit ihres Heims und die Stabilität und das Fundament der gesamten Familie. Da weder die Frau, noch der Mann ihre Vollständigkeit verstanden haben, sollte ihre Ehe eine Beziehung sein, in der jeder Partner die Defizite des anderen ausgleicht – und nicht eine, in der jeder sie beim anderen herausstellt und zum Vorwurf macht. Wo wahre Liebe ist, ist die Opferbereitschaft auf natürliche Weise vorhanden. Das wahre Opfer besteht im Verzichten auf die eigenen Vorlieben und Abneigungen der anderen Person zuliebe. Dies sollte der Geist hinter jeder liebevollen Beziehung sein.