Auszüge aus Ammas Weihnachtsansprache 2020
Amma verneigt sich vor euch allen, die ihr Verkörperungen göttlicher Liebe und höchsten Bewusstseins seid.
Es ist wieder Weihnachten mit der Kunde von Liebe, Mitgefühl, Aufopferung und gutem Willen. Feiertage wie Weihnachten sind die Wecklieder der ganzen Menschheit. Ob es nun Weihnachten, ein anderer Feiertag oder ein gewöhnlicher Tag ist, das ganze Jahr hindurch senden Gott und die Natur die gleiche Botschaft – die Botschaft von jāgrata [Wachsamkeit]. Tatsächlich ist Wachsamkeit eine Eigenschaft, die stets in unserem Leben gegenwärtig sein muss. In letzter Zeit haben wir es nicht nur versäumt, wachsam zu sein, wir haben uns auch noch so benommen, als hätten wir diesen Wert ganz und gar vergessen. Vielleicht war es aufgrund der Tiefe unseres Vergessens, dass Mutter Natur beschloss, unserem Gedächtnis mit dieser extremen Situation auf die Sprünge zu helfen.
Tatsächlich ist diese Situation weder extrem noch grausam. Wenn ein Kind einen Fehler macht, schimpft seine Mutter dann nicht mit ihm? Das Kind muss noch die richtige Aufmerksamkeit entwickeln. Ihm fehlt die Unterscheidung zwischen richtig und falsch. Also kann es nur durch Angst davon abgehalten werden, seinen Fehler zu wiederholen. Wenn ein Kind sieht, dass die Gefahr einer Bestrafung besteht, hört es mit seinem schlechten Tun auf. Wenn eine Ziege oder Kuh oder ein Kaninchen oder Hirsch das Gemüse in eurem Garten frisst, was tut ihr dann? Das Tier kennt den Unterscheid zwischen einem Gemüsegarten und einem Ort, an dem wilde Pflanzen wachsen, nicht. Es hat kein Verständnis von Dingen, die es tun soll und die es nicht tun darf. Was machen wir also, wenn ein Tier in unseren Garten kommt? Wir nehmen einen Stock, drohen ihm und scheuchen es weg „Schuuu! Raus hier, Kuh! Raus hier, Kaninchen.“ Wir nehmen eine bedrohliche Haltung ein und wir tun so als wollten wir gleich zuschlagen, aber in uns ist keine Wut. In ähnlicher Weise ist die aktuelle Situation in der Welt eine bedrohliche Haltung, die die Natur uns entgegenbringt, damit wir wachsamer werden.
In diesem Jahr sind viele von uns nicht in der Lage, auszugehen und die weihnachtlichen Schmückungen, Feierlichkeiten und Einkäufe wie gewöhnlich zu genießen. Wir sind gezwungen, uns an viele Regeln, Vorschriften und Protokolle zu halten. Tatsächlich ist jetzt nicht die Zeit zum Ausgehen. Es ist eine Gelegenheit, nach innen zu schauen. Wir müssen unsere gottgegebene äußere Freiheit mit der gebotenen Unterscheidung und Selbstbeherrschung nutzen. Gott hat vielleicht entschieden: Wenn wir Zeit haben, nach innen zu schauen, werden wir diese Zeit nutzen können, um unsere Fehler zu verstehen und zu korrigieren.
Das Sanātana Dharma lehrt das Prinzip der Innenschau. Das Prinzip uttiṣṭha jāgrata — „Erhebe dich! Wach auf!” Denn nur jene, die es tun, erreichen das Ziel der Selbstverwirklichung. uttiṣṭha jāgrata prāpya varān nibodhata | [Kaṭha Upaniṣad, 1.3.14] “Erhebe dich! Wach auf! Wenn ihr euch mit den Großen beschäftigt, versteht [ihre Lehren].“
Es geht nicht nur ums Aufwachen. Wir sind aufgefordert, aufzuwachen und aufzustehen. Es gilt, zu unserem eigenen wahren Selbst aufzuwachen, aufzustehen und die Stärke und das Potential in uns zu nutzen. Es bedeutet, stark und eigenverantwortlich zu werden.
Christus sagte: „Suchet und ihr werdet finden.“ Diese Suche muss in uns stattfinden und nicht in der äußeren Welt. Aber zurzeit ist die Suche vieler begrenzt auf: „Wo kann ich diese neumodische Halskette finden?“ Ob zu Weihnachten oder an einem anderen Feiertag, unser Fokus ist stets nach außen gerichtet. „Kann ich dies hier kaufen?“ „Ist diese Kleidermode in diesem Modegeschäft erhältlich?“ „Kann ich diese Halskette in jenem Juweliergeschäft erwerben?“ „Wie viel kostet das hier?“ Das ist die einzige Art unserer Suche. Wir wollen neue Kleidung für Weihnachten kaufen, nette Weihnachtskarten verschicken und so weiter. Unsere Suche findet ganz im Außen statt. Die Suche, von der Jesus sprach, war nicht von dieser Art. Er sprach von der inneren Suche. Aber wir jagen alle eilig nach dem Unwichtigen – suchen und finden alles außer dem, was wir eigentlich suchen sollten.
Gott hat uns unsere Augen nicht nur gegeben, damit wir unsere Außenwelt betrachten und weiterhin der Täuschung durch sie unterliegen. Er hat sie uns auch gegeben, damit wir sie schließen und nach innen schauen. Schließlich erkennen wir mit unserem inneren Auge, dass innen und außen tatsächlich eins sind. Die beiden äußeren Augen werden nur gebraucht, um die Außenwelt zu sehen. Für das Sehen der Innenwelt und das Erkennen unseres wahren Selbst brauchen wir die äußeren Augen nicht. Weil das wirkliche „Ich“ im Innen, nicht im Außen ist.
Wir sind keine getrennten Inseln. Wir sind alle miteinander verbunden wie die Glieder einer Kette. Wir sollten bis zum Rand und darüber hinaus fließend von Mitgefühl, Liebe und Wohlwollen erfüllt sein. Christus wurde von seinen Schülern gefragt: „Wie ist das Königreich des Himmels?“ Und er antwortete: „Wie ein Senfkorn.“ Damit der Samen zu einem Baum wird, muss seine Schale aufbrechen. Sobald er wächst, wird er zu einem Zufluchtsort für Vögel, Tiere und Menschen gleichermaßen. Die Worte von Christus zeigen uns, dass wir wachsen und so werden müssen. So wie ein Samen wächst, um zu einem Baum zu werden, so ist Gott als jīva [Einzelbewusstsein] in jedem von uns zugegen. Wenn wir hundert Wassertöpfe in die Sonne stellen, können wir auf jedem Wasserspiegel die Widerspiegelung der Sonne sehen, aber es gibt nur eine echte Sonne. In ähnlicher Weise ist das eine wahre Selbst in jedem Menschen zugegen. Die Manifestation des Selbst wird jedoch von Mensch zu Mensch variieren. Wenn das Glas einer Lampe mit Ruß beschichtet ist, bleibt das ganze Licht verborgen. In ähnlicher Weise können wir die Göttlichkeit in uns weder zum Ausdruck bringen noch erfahren, solange Selbstsucht und Egoismus in uns sind.
Feiertage wie Weihnachten werden normalerweise voller Ausgelassenheit, Spaß und Freude gefeiert – so wie es sein sollte. Aber wenn sich die Ausgelassenheit legt, sollten wir über unser Leben nachdenken und es auswerten können. Was habe ich für die Gesellschaft getan? Habe ich nur für mich selbst genommen? Oder konnte ich etwas für Mutter Natur tun?
„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“, sagte Christus. Jeder Mensch, den wir im Lauf des Lebens treffen – jeder Mensch, den wir kennenlernen, jeder Mensch, der an unsere Seite kommt – ist unser Nächster. Wenn wir ihn als uns selbst sehen und ihn lieben können, dann ist dies an sich schon die Schnellstraße zum Erlangen von Vollkommenheit. Śrī Kṛṣṇa, Śrī Rāma und Christus leben alle in unserem Herzen. Weihnachten erinnert uns an die Notwendigkeit, Selbstaufopferung, Mitgefühl, Demut und einen festen Glauben an Gott in unser Leben zu bringen. Mögen alle Menschen dazu erwachen. Lasst uns die Krippe unseres Herzens mit guten Gedanken, süßen Worten und mitfühlenden Taten schmücken, denn das Herz ist der wirkliche Wohnort Gottes. Lasst uns unser Herz öffnen. Wenn wir dies tun, finden wir Sicherheit und Schutz in uns selbst. Ammas Weihnachtswünsche an alle ihre Kinder. Möge die Gnade alle meine Kinder segnen.