World Peace Summit
Ammas Rede vor den Vereinten Nationen anläßlich des World Peace Summit
New York, 29.08.2000
„Die Rolle der Religion zur Umwandlung von Konflikten“
Grüße an alle hier Versammelten, die wahrhaft Verkörperungen der Liebe und des höchsten Selbst sind.
Wir haben dieses neue Jahrtausend mit großen Hoffnungen und in der Erwartung von Veränderungen begonnen. Aber obwohl die Jahreszahl nun anders ist, hat sich im wesentlichen nichts geändert. Die echte Veränderung muß inwendig in uns geschehen. Denn nur wenn unsere inneren Konflikte und Negativitäten beseitigt sind, können wir eine wirklich konstruktive Rolle in der Bemühung um den Frieden spielen. Die unschätzbaren Anstrengungen der UNO, die Nationen mit dem Ziel des globalen Friedens zur Erreichung von Harmonie und Frieden zusammen zu bringen, verdienen höchstes Lob.
Nur schon die Worte „Nation“ und „Religion“ schaffen Trennung und Verschiedenheit. Es mag erscheinen, als ob diese Verschiedenheit ein Hindernis ist, um in der Welt Frieden, Glück und Gedeihen zu erreichen. In Wirklichkeit ist es jedoch eben diese Verschiedenheit, die Reichtum und Schönheit in diese Welt und in das menschliche Leben bringt, so wie ein bunter Blumenstrauß hübscher ist als einer aus den genau gleichen Blumen.
Es gibt eine Wahrheit, die durch die ganze Schöpfung scheint. Flüsse und Berge, Pflanzen und Tiere, Sonne, Mond und Sterne, Sie und ich – alles ist Ausdruck dieser einen Wirklichkeit. Wenn wir diese Wahrheit in unser Leben aufnehmen können und dadurch ein tieferes Verständnis gewinnen, ist es möglich, die der Verschiedenheit innewohnende Schönheit zu entdecken. Wenn wir als globale Familie zusammen arbeiten und uns nicht nur als zu einer bestimmten Rasse, Religion oder Nation zugehörig erleben, dann können Friede und Glück wieder auf dieser Erde vorherrschen, die durchtränkt ist von den Tränen der Trennung und des Konflikts.
Bei meinen Reisen um die Welt kommen Menschen zu mir und teilen ihre Sorgen mit. Viele haben mir erzählt, das Gatte, Frau oder Kind in religiösen Zusammenstößen getötet wurden. Manchmal war es ein Kampf zwischen Hindus und Moslems, oder zwischen Hindus und Christen oder zwischen Christen und Moslems. Es schmerzt sehr, solches zu hören. Der Grund für das Kämpfen liegt darin, das die Menschen nicht in die Tiefe ihrer Religion vordringen. Unsere Bindung an eine Religion, Gesellschaft oder Nation sollte nicht bewirken, dass wir die grundlegenden menschlichen Werte vergessen.
Niemand ist eine isolierte Insel; wir sind alle Glieder in der grossen Kette des Lebens. Genau so wie die rechte Hand der Linken hilft, wenn sie verletzt ist, sollten in uns die Fähigkeiten erwachen, das Leiden aller Wesen als unser eigenes zu fühlen und ein intensives Verlangen zu verspüren, uns darum kümmern zu wollen.
Wir leben in einem Zeitalter wo Wissenschaft und moderne Kommunikation die Welt zu einer kleinen Gemeinde gemacht haben, indem die Barrieren von Zeit und Raum aufgehoben wurden. Die neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet der Telekommunikation halten uns unverzüglich über das Geschehen in jedem Winkel der Welt auf dem Laufenden. Vorkommnisse auf einem Teil des Globus wirken sich mehr oder weniger spürbar auf den ganzen Planeten aus. Obwohl die Welt dank der Technologie zusammengerückt ist, sind wir uns im Herzen nicht näher gekommen. Zum Beispiel sind Familienmitglieder oft wie isolierte Inseln, obwohl sie physisch beisammen leben. Wir sind heute in der Lage, die ganze Erde in einem Augenblick zu zerstören. Wir haben aber auch die angeborene Fähigkeit, den Himmel auf Erden zu schaffen. Die Zukunft der Menschheit hängt von der Wahl ab, die wir treffen.
Gesellschaften und Nationen setzen sich aus Individuen zusammen. Wenn wir in der Geschichte zurückblicken, sehen wir, dass alle Konflikte ihren Ursprung im Individuum haben. Was ist der Ursprung von Konflikt? Es ist der Mangel an Bewußtheit über unsere wahre Natur, über diese eine lebendige Kraft in uns, von der wir alle ein Teil sind. Die Rolle der Spiritualität, der wahren Religion, ist es, dieses Bewußtsein zu erwecken und uns zu helfen, Qualitäten wie Liebe, Mitgefühl, Toleranz, Geduld und Demut zu entwickeln.
Religion ist die Wissenschaft der geistigen Welt. Wir sind in der Lage, die äußere Welt zu klimatisieren, aber wir haben noch zu lernen, wie die Innenwelt klimatisiert werden kann. Wir versuchen, menschliche Wesen zu klonen, aber wir haben nicht das Ziel, in uns selber ein perfektes, liebendes, friedvolles menschliches Wesen zu schaffen. Eine wichtige Aufgabe der Religion ist dieser Reinigungsprozess.
Heutzutage ist es uns bewusst, dass Umweltschutz notwendig ist. Und das ist natürlich wesentlich. Hingegen sind wir nur selten besorgt über die Verunreinigung, die in der Atmosphäre und im Bewußtsein der Menschheit durch negative Gedanken und Handlungen verursacht wird. Die innere Verunreinigung unseres Wesens ist in gewisser Weise tödlicher als chemische Verunreinigung, denn sie hat die Macht, die Menschheit jederzeit zu zerstören. Wir müssen deshalb unsere Innenwelt reinigen.
Obwohl alle Religionsstifter die vornehmsten Ideale in ihrem Leben verwirklichten und praktizierten, gelang es vielen Nachfolgern nicht, ihnen nachzuleben. Anstatt sich auf die Essenz der religiösen Prinzipien von Liebe und Mitgefühl zu konzentrieren, richten wir unsere Aufmerksamkeit auf äußere Rituale und Traditionen, die von Religion zu Religion verschieden sind. So kam es, daß diese Religionen, die ursprünglich dazu gedacht waren, Friede und ein Einheitsgefühl unter uns zu schaffen, der Verbreitung von Krieg und Konflikt dienen. Dies verneint die Wichtigkeit von religiösen Disziplinen und Traditionen nicht. Diese haben in der Tat ihre eigene Bedeutung. Sie sind notwendig für unsere spirituelle Entwicklung. Nur müssen wir daran denken, dass sie Wege zum Ziel und nicht das Ziel selbst sind.
Nehmen wir an, jemand muß einen Fluß mit einem Boot überqueren. Wenn er am anderen Ufer ankommt, muß er das Boot verlassen, wenn er weiter kommen will. Besteht er hingegen darauf, sich am Boot fest zu klammern, ist sein Fortkommen verhindert. Vergleichsweise müssen wir dem Ziel der Religion mehr Wichtigkeit geben und nicht übermäßig an den Mitteln haften. Denken wir daran, dass die Religion für die Menschheit geschaffen wurde und nicht die Menschheit für die Religion.
Um die komplexen, kontroversen Streitfragen wie Glaubensfreiheit, Konversion und Fanatismus zu lösen, müssen die religiösen Häupter mit offenen Herzen im Dialog zusammen kommen, damit gegenseitig annehmbare, praktische Lösungen gefunden werden können.
Allerdings müssen wir zuerst die Samen der Liebe, des Friedens und der Geduld in unserem Inneren pflanzen, damit solche Diskussionen fruchtbar werden können. Um dauerhaften Frieden zu erreichen, müssen wir darum ringen, uns von Haß und Feindseligkeit zu befreien. Der Schlüssel zum Weltfrieden liegt in jedem Individuum, das auf diesem Planeten lebt. So wie jedes Familienglied für den Schutz der gemeinsamen Wohnstätte verantwortlich ist, so hat jeder von uns an der Verantwortung für den Weltfrieden mit zu tragen.
Da waren drei religiöse Oberhäupter, A, B und C, die sich entschlossen, für ein Treffen zu veranstalten, damit Friede geschaffen werden könne. Gott war so erfreut über ihre Bemühungen, dass er einen Engel zu dem Treffen entsandte. Dieser fragte jeden, was er sich wünsche. A sagte: „Die Religion B ist für alle Probleme verantwortlich. Bitte lasse sie deshalb von der Erdoberfläche verschwinden!“ Das Oberhaupt der Religion B antwortete: „Religion A ist der Grund von all unseren Schwierigkeiten. Du mußt sie zu Asche reduzieren!“ Mittlerweile war der Engel enttäuscht. Erwartungsvoll wandte er sich an das Oberhaupt von Religion C. Dieser sagte mit dem Ausdruck ernster, tiefer Demut: „Ich wünsche nichts für mich selber. Es genügt, wenn du nur die Gebete meiner zwei Kollegen erfüllst!“
Friede ist nicht nur die Abwesenheit von Krieg und Konflikt; er geht weit darüber hinaus. Friede muß im Individuum, in der Familie und in der Gesellschaft gepflegt werden. Die Atomwaffen einfach in ein Museum zu verlagern, wird keinen Weltfrieden bringen. Zuerst müssen die Nuklearwaffen unseres Inneren beseitigt werden.
Alle großen Religionen haben unendliche Weisheit und Schönheit mitzuteilen. Anstatt zu versuchen, die Mitgliederzahl zu vergrößern, sollten die Religionen ein Umfeld schaffen, in dem die vornehmen Ideale jeder Religion weise angenommen werden. Die Welt von Morgen wird von den Kindern von Heute geformt. In ihrem zarten Gemüt ist es leicht, universelle menschliche Werte zu pflanzen. Wenn wir mehrmals durch ein Feld mit frischem jungem Gras gehen, hat sich schnell ein Weg gebildet. Ein steiniger Abhang jedoch muß unzählige Male begangen werden, bis ein Pfad entstanden ist. Die Schulung über universelle spirituelle Prinzipien und menschliche Werte sollte ein fester Bestandteil der generellen Erziehung sein und nicht nur der Verantwortung der Familie überlassen bleiben. Dies sollte nicht hinausgezögert werden, denn bei einem Verzug gehen die künftigen Generationen der Welt verloren.
Wir können die wesentlichen Bedürfnisse der Menschen nicht übersehen, denn bis sie nicht gedeckt sind, ist es niemandem möglich, sich höheren Zuständen von Bewußtheit und Verständnis zu widmen. Wenn es in irgendeinem Teil der Welt vorkommt, daß Menschen an Hunger sterben und unter Armut leiden, ist es eine Schande für alle Nationen. Auf der Basis des religiösen Ideals der universellen Bruderschaft sollten alle Nationen, die in der Lage sind zu helfen, ihren Wohlstand und die materiellen Güter mit allen anderen teilen.
Es ist genügend für das Überleben aller Lebewesen auf dieser Erde vorhanden, hingegen nicht genug, um die Habgier einiger weniger zu befriedigen.
Einer vernachlässigten Seele eine hilfreiche Hand entgegen zu strecken, Hungernde zu nähren, Verzweifelten und Ausgestoßenen ein mitfühlendes Lächeln zu schenken – dies ist die wahre Sprache der Religion. Wir sollten Gottes Mitgefühl in unsere Herzen und Hände herbei rufen. Nur für sich selbst zu leben ist nicht Leben, sondern Tod.
Viele mögen sagen, die Welt wird bleiben, wie sie ist, wie sehr wir auch versuchen, sie zu ändern. Sich um den Weltfrieden zu bemühen ist so sinnlos, wie den Ringelschwanz eines Hundes gerade biegen zu wollen. So oft wir ihn strecken, wird er sich doch sofort wieder ringeln. Aber, durch unser Bemühen entwickeln wir in unseren Armen die Muskeln, auch wenn der Hundeschwanz nicht gerade wird. Vergleichsweise werden wir uns zum Besseren verändern, ob wir in der Bemühung um Weltfrieden erfolgreich sind oder nicht. Auch wenn kein sichtbarer Erfolg aufzuweisen ist, so wird die Veränderung in uns selbst schließlich die Welt verändern. Darüber hinaus ist alle Harmonie, die heute in der Welt vorhanden ist, das Resultat solch einer Kraft. Wir müssen aus der Vergangenheit lernen, andernfalls wiederholen wir unsere Fehler. Wer in der Vergangenheit anderen Schaden zugefügt hat, sollte sich jetzt für positive Aktionen einsetzen, um die Opfer der vergangenen Unterdrückung wieder aufzurichten. Diese Prinzipien gelten für Staaten wie auch für Individuen. Jede Nation sollte eine Atmosphäre von Vergebung, Offenheit, Freundschaft, Vertrauen, Hilfe und Unterstützung schaffen, um die alten Wunden zu heilen. Damit die Verletzungen heilen können, sollten zerbrochene Beziehungen mit dem Faden der Liebe zusammen genäht werden. Mehr als intellektuelles Wissen braucht es dazu die Erkenntnis unseres Einsseins. Last uns unsere Aufmerksamkeit auf das richten, was wir anderen geben können und nicht auf das, was wir für uns bekommen können. Nur so können wir eine totale Transformation unserer globalen Familie erreichen. Indem wir auf diese Art die Ideale von Religion leben, überwinden wir unsere Engherzigkeit und unser Leben wird zu einer Gabe an die Welt.
Nachstehend einige der global anerkannten Problembereiche, wo die UNO ihre Anstrengungen verstärken sollte:
In Gottes Schöpfung sind Mann und Frau gleichwertig. Aber über die Jahrhunderte hinweg hat sich die traurige Situation der Frauen nicht signifikant verbessert. Frauen, die ja die Menschheit zur Welt bringen, sollten eine gleichberechtigte Rolle in der Gesellschaft haben.
Millionen von Menschen leiden an AIDS, das sich weiterhin wie ein Buschfeuer ausbreitet. Diese Krankheit muß unter Kontrolle gebracht werden.
Laßt die UNO die Wandlung von einer Welt des Konflikts zu einer Welt des Friedens anführen, indem sie eine Gruppe junger Menschen in Gemeindedienst ausbildet. Diese jungen Sendboten, die überall in der Welt selbstlos dienen, würden die Menschen inspirieren, universelle, spirituelle und menschliche Werte zu pflegen. Was mit Blutvergießen nicht erreicht wird, kann durch Liebe erreicht werden.
Terrorismus und Gewalt gegen menschliche Wesen im Namen von jedweder Religion sollten auf internationaler Ebene verurteilt und entsprechend strenge Maßnahmen getroffen werden.
Liebe ist die einzige Medizin, welche die Wunden der Welt heilen kann. So wie der Körper für sein Wachstum Nahrung braucht, so benötigt die Seele Liebe, um sich entfalten zu können. Liebe ist nahrhafter als die Muttermilch für das Baby. Liebe ist die Basis, die Schönheit und die Erfüllung des Lebens. Wo Liebe ist, kann es keinerlei Konflikt geben; Friede allein wird walten.
Möge das Licht von Liebe und Frieden in unseren Herzen leuchten. Laßt uns alle zu Boten des universellen Friedens werden, der die Herzen von Jedermann erhellt und die Nebel von Haß und Konflikt vertreibt, welche die heutige Welt verdunkeln. Laßt uns alle zu einer neuen Zukunft erwachen, die von universeller Liebe und Bruderschaft erfüllt ist. Ist dies nicht das Ziel und der Traum der UNO? Möge die Höchste Kraft Gnade über uns ergießen, damit wir dieses vornehme Gebet verwirklichen können.
Om Lokah Samastah Sukhino Bhavanthu